Mauer

Performance, 2020

Porenbeton, Baukleber, Werkzeug

187cm x 187cm x 200cm

Im Verlauf ihrer Performance „Mauer“ kapselt Laura Bossert sich sukzessive von der Besucherschaft der Ausstellung ab. Während die körperliche Arbeit des Mauerns anfangs noch mitzuverfolgen ist, finden späte Besucher*innen nur einen Kubus und die Relikte getaner Arbeit vor. Der Titel ist in dieser Hinsicht verwirrend, insofern die mit einer Mauer assoziierte Linearität an den gemauerten Raum überschrieben wird. Nur stellt sich die Frage, was ist dieser Raum? Er repräsentiert keinen eigentlich realen Raum, etwa ein Gartenhäuschen oder ähnliches. Vielmehr wird ein normalerweise unsichtbarer Raum mit einfachen Mitteln vergegenständlicht: ein sozialer, privater Raum.

Die Mauer wird bei Bossert also nicht über ihre lineare Struktur definiert, sondern über ihre Funktion als Barriere. Der Akt des Mauerns ist einer des sozialen Entzugs in einen privaten Raum. Die Prozessualität des Geschehens ermöglicht es den Beiwohnenden jedoch in diesen einzugreifen, indem sie versuchen die Künstlerin anzusprechen – ob sie eine Antwort bekommen, bleibt allerdings fraglich. Die Arbeit ist ein sozialer Tanz. Das Ergebnis, die Abschottung, wird früh im Prozess angedeutet, die Betrachter*innen werden verleitet irgendetwas zu tun. Will man zusehen, wie sich jemand isoliert, oder in den Dialog gehen? Ist es einem egal? Und vor allem: Meint die das ernst?

Die Ambiguität dieser Arbeit liegt nämlich eben in dem Gegensatz eines konstruierten, plakativen Abschottungsgestus und der realweltlichen Tatsache, dass eine zwei Meter hohe Mauer nun einmal nicht so leicht zu überwinden ist. Die Positionierung der Beiwohnenden ist also während des Prozesses des Einmauerns am stärksten gefragt.

Doch auch nach dem Einmauern ist der Prozess nicht zu Ende. Bossert bleibt dem sozialen Raum verhaftet, weil auch der Akt der Abschottung eine Positionierung ihrerseits ist. Das Ziel ist dabei niemals die totale Isolation gewesen, sondern den Prozess der Isolation zur Disposition zu stellen. Bestärkt wird dies nur noch durch die Tatsache, dass die zum Bau benötigten Leitern nicht betreten werden dürfen, um zu der Künstlerin in den Kubus zu klettern. Die Phase der direkten körperlichen Interaktion und der visuellen Evidenz ist vorbei. Besucher*innen, die später in die Ausstellung kommen, werden die Künstlerin unter Umständen gar nicht wahrnehmen, weil sie nicht wissen, dass sie da ist. Bossert setzt also auch auf eine Verschiebung der Sinnlichkeit. An die Stelle der visuellen Versicherung können sowohl das Abhören des Gegenübers als auch der offene Dialog über die Mauer hinweg rücken. Aus diesem Grund bleibt auch die Arbeit ergebnisoffen: Mauer ist zu gleichen Teilen soziale Interaktion und deren Simulation.

- Moriz Hertel

 

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